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Wurden in den ersten Nachkriegsjahren Zeit und Geld nur auf das Dringlichste verwandt, so war man nunmehr darauf bedacht, bei Innenrestaurierung und Ergänzung der Ausstattung zugleich dem gewandelten Zeitgeschmack Rechnung zu tragen.

Schon 1952 brachte eine Entscheidung, die für das Innere von grundlegender Bedeutung sein mußte: die Erneuerung der Fenster. Es stellte dem künstlerischen Empfinden von Dechant Homscheid das schönste Zeugnis aus, dass er diese Aufgabe dem jungen Glasmnaler Alois Stettner übertrug. So erhielt St. Kastor bis 1955 eine Verglasung, die bis heute die Bewunderung der Kenner gilt. Die als erste Entworfenen Chorfenster verbinden ikonographisch interessante Bilder des Christus- und Marienlebens mit Szenen aus den Viten der Kirchenpatrone Kastor und Rizza.  

Die Fenster der Seitenschiffe zeigen die Werke der Barmherzigkeit – illustriert, eine brillante Idee, an Ereignissen aus dem Leben Christi. Rein ornamental sind die Scheiben des Mittel- und Querschiffs sowie die der beiden äußeren  Chorachsen.
Stettner hat in hervorragender Weise den Medaillons, mittelalterliche Farbigkeit verliehen und diese so mit dem Geist des 20. Jahrhunderts verbunden.

Den meisterlichen Abschluss der Arbeiten dieses Künstlers bildet das Rundfenster über dem Nordportal mit der Vertreibung aus dem Paradies (auch im Mittelalter war die Nordseite dem Alten Testament vorbehalten).

Im südlichen Seitenschiff befindet sich im „Piusfenster“ die Darstellung: „Die Einführung der Kinderkommunion“.

Im Jahre 1954 wurde in das wieder geöffnete Obergardenfenster in der Westwand das Glasgemälde von Alois Stettner “Das jüngste Gericht“ eingebaut.

Kirchenfenster
Das „Piusfenster“ Einführung der Kinder Kommunion.
Es befindet sich im südlichen Seitenschiff
Kirchenfenster
„Die Vertreibung aus dem Paradies“
Rundbogenfenster über dem Portal des nördlichen Seitenschiffs
Kirchenfenster
„Das jüngste Gericht“
Das im Jahre 1954 wieder geöffnete Obergardenfenster in der Westwand, zeigt ein Glasgemälde des Künstlers Alois Stettner

Kirchenfenster

Kirchenfenster
Entwurf der Fenster: Alois Stettner Koblenz-Pfaffendorf
Ausführung der Arbeiten: Glaswerkstätten Derix Kevelar

 

Was künden uns die Chorfenster aus dem Jahre 1952/53?

Es war das Ziel des Auftraggebers, die Chorfenster einzubauen in die Gesaamt- konzeption des Altarraumes, dessen Mittelpunkt beherrscht wird von dem Altar und dem darüber aufragenden Kreuz. Das Halbrund der Apsis schenkt uns den Einblick in das Geheimnis der Erlösungsabsicht der heiligsten Dreifaltigkeit, die sich im Kreuzestod erfüllt und auf unseren Altären im heiligen Opfer täglich neu gegenwärtig wird.

Uns in diese christlich-katholische  Wirklichkeit einzuführen  – gedrängt durch eine noterfüllte, zeitnahe Seelsorge – ist die religiös geistige Aufgabe der Darstellung auf den Fenstern: des typischen eucharistischen Fensters, der beiden Marienfenster, und der Darstellung aus dem Leben des heiligen Kastor sowie  der seligen Rizza.

Die Fenster wurden vom Glasmaler Alois Stettner geschaffen, der für den Mittelrhein ein Begriff geworden ist, ehe er selbst Wert darauf legte, ein Begriff  zu sein. Er bringt etwas mit, das in unserer Zeit selten geworden ist: eine Gläubigkeit, die es ihm ermöglicht, seine Themen mit jener inneren Ergriffenheit zu erfassen, die wir an ihm lieben.

Er bringt zugleich eine künstlerische Auffassung mit, der man sich um so lieber unterwirft, als man dem Zwingenden und Überzeugenden ihrer Sprache nicht entgehen kann. Man ist geneigt zu sagen, dass seine Farbgebung die Lauterkeit seines Glaubens der Strich der Bleistege aber dessen Kraft ausdrückt. Man muss dass  wissen, um den Künstler Stettner ganz zu verstehen.

Er hat in der alten Kirche von St. Kastor eine Probe seines Könnens gegeben, dessen meisterliche Aussage von den Glaubensinhalten, die der Künstler zu  gestalten hatte, nicht zu trennen ist. Innerhalb  dieser theologisch festgelegten  mit den flankierenden Fenstern der seligen Rizza und des heiligen Kastor an den Seiten hebt sich über einen in Rot gehaltenen Grundton bis zu jener Verklärung und Durchsichtigkeit, die das Mittelfenster erfüllt.

Komposition? Was hat sie in einem Glasbild zu suchen, die ganz und gar religiösen Zwecken dient? – Irren wir nicht! Sie gibt die Maßstäbe, die Prinzipien für die Sprache ab, mit der sich der Künstler dem höchsten Geheimnis nähert. Wo wäre das sichtbarer als in den Fenstern?

So undankbar scheinbar die Aufgabe für den bildenden Künstler ist, so sehr es ihn verlocken muss, seine Aufgabe freischöpferisch zu lösen – die religiöse Kunst will eine andere Gesinnung. Sie erhebt nicht nur, sie dient auch. Sie fühlt sich der Sprache der großen Architekturformen, in deren Rahmen sie lebt, nicht nur verpflichtet, sie steigert die Sprache noch. Und hier wird  nun selbst ein Ornament, eine rein abstrakte, Form zum Symbol und hinweisenden Zeichen.

Im Bereich dieser Bedingungen entwickelt der  Glasmaler Stettner die volle Höhe seines Könnens. Er, der so sehr vom Graphischen herkommt, wie kaum ein anderer Glasmaler unserer Zeit, offenbart in der Geschlossenheit und strengen Zucht, mit der seine Bildwelt sich den absoluten Formen einordnet, ein künstlerisches und zugleich religiöses Ideal, das – wie einige  andere große Zeugnisse der religiösen Kunst unserer Zeit – der Welt einer romanischen Baugesinnung wieder nahe ist.

Was gäbe es da Rühmenderes zu  sagen? 

                                                                                              Dr. Helmut Dohmke

  • Die Fenster im nördlichen Seitenschiff
TOTE BEGRABEN
TOTE BEGRABEN
Kirchenfenster
FREMDE BEHERBERGEN
Kirchenfenster
GEFANGENE ERLÖSEN
Kirchenfenster
KRANKE BESUCHEN
  • Die Fenster im südlichen Seitenschiff
Kirchenfenster
KINDER KOMMUNION
Kirchenfenster
HUNGRIGE SPEISEN
Kirchenfenster
DURSTIGE TRÄNKEN
Kirchenfenster
NACKTE BEKLEIDEN
  • Die ornamentalen Fenster des Mittel- und Querschiffs

Kirchenfenster

Kirchenfenster

 

Alois Stettner
Selbstbildnis in Öl

Biographie von Alois Stettner (1911 – 1957)

Geboren am 04. Oktober in Mudersbach.
Jüngster von 14 Kindern.

Der Vater hatte in altem Familienbesitz eine Papiermühle, in der zuletzt Pappe hergestellt wurde.

Die Mutter starb 1914.

Volksschule in Mudersbach, Gymnasium (Abitur) in Prüm/Eifel.

1934-1939 Kunstakademie Düsseldorf,                                   Schüler von Werner Heuser, August Hoff und Schmurr.

1945-1950 in Mudersbach als freischaffender Künstler tätig.
Erste Aufträge für  Fenster.

Bekanntschaft mit der  Graphikerin Wiltraud Jasper, 1948 mit der Malerin Anna Elisabeth Kohlhaas, die bei der Ausführung vieler Großaufträge mitarbeitete und auch unvollendete Arbeite abschloss.
1950-1956 in Koblenz, Künstlerkolonie auf dem Asterstein. In dieser Zeit die großen Aufträge für Kirchenfenster. Mehrere Reisen, u. a. nach Südfrankreich in den Norden (Gotland, Finnland, Südsschweden), nach Griechenland (Berg Athos) und Kleinasien.

1956 Berufung (Lehrauftrag) an die  Hochschule für Bildende Kunst Darmstadt.

06. Februar 1957 Freitod in Darmstadt. Begraben in Mudersbach.

Alois Stettner ist als bedeutender Glasmaler der unmittelbaren Nachkriegsepoche bekannt, jener  50er Jahre also, als nach der  Überwindung der größten Not eine große Bereitschaft bestand, die geistige Erneuerung des Volkes in einer Besinnung auf die christliche Botschaft und in deren Verkündigung und Verwirklichung in den Kirchen zu suchen und als allenthalben die zerstörten Kirchen wiederaufgebaut und dabei auch überall neue Fenster geschaffen wurden.

Die St. Kastorkirche wurde einheitlich nach Entwürfen von Alois Stettner neu verglast, wobei auf das Programm und wohl auch die Gestaltung im Detail Dechant Albert Homscheid (Pfarrer in St. Kastor seit 1921) entscheidenden Einfluss ausübte. Albert Homscheid ist aber auch derjenige, der Stettner nachdrücklich als Glasmaler für Kirchenfenster gefördert hat.

Chorfenster:
In die romanischen Fensteröffnungen, deren Architektur durch ein umlaufendes Band unterstrichen wird, sind jeweils drei runde Scheiben übereinander gestellt. Die ausgeprägt erzählerisch gestalteten Scheiben haben  folgendes Programm:

Mittelfenster:
Johannes der Täufer – Kapharnaum (wollt auch ihr gehen?)  – Abendmahl.

Erste Fenster rechts und links (Kirchenpatrone):
Kastor: Kastor in der Domschule des Bischofs Maximin in Trier – Weihe zum Priester und Aussendung als Missionar an der Untermosel – Wundertätigkeit (Salzwunder) .

Rizza: Am Weihetag 836 wird sie von ihren Eltern zu Kaiser Ludwig dem Frommen und Kaiserin Judith gebracht – Sie kommt täglich von Arzheim nach St. Kastor – Sie wird als Heilige verehrt –

Die dritten Fenster links und rechts sind ornamental gestaltet.

Fenster in den Seitenschiffen:
Die acht dreigliedrigen, ornamental gestalteten Fenster haben im Mittelfeld jeweils eine runde Scheibe mit einer unten beschrifteten Darstellung des Themas „Werke der Barmherzigkeit“.

Die Fenster zeigen im rechten Seitenschiff vorne beginnend:

  • Hungrige speisen (Wunder der Brotvermehrung).
  • Durstige tränken (Jesus mit  der Samariterin am Brunnen).
  • Nackte bekleiden (Betreuung des unter die Räuber gefallenen durch einen Samariter).
  • Kranke besuchen (Der Blinde am Teich Bethesda).
  • Gefangene erlösen (Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis.
  • Fremde beherbergen (Flucht nach Ägypten).
  • Tote begraben (Auferweckung des Lazarus).

Das 8. Fenster (rechtes Seitenschiff, vorne) ist dem Thema „Kinder-kommunion“ (Dekret Papst Pius X. von 1910) gewidmet.     

Obergardenfenster im Querhaus:
Die je fünf Fenster der Obergarden im Schiff sowie aller Fenster des Querhauses sind – farblich differenziert – ornamental gestaltet.

Rundfenster über dem nördlichen Seiteneingang:
Vertreibung aus dem Paradies.

Westfenster:
Das der Gliederung des gotischen Maßwerkes angepasste Fenster zeigt in An-lehnung an die geheime Offenbarung des Johannes im Mittelfeld unter der Taube den Weltenrichter, rechts ein Paar der Verdammten, links der Erlösten, darüber Engel mit Posaunen. Im oberen Zwickel Gott Vater, in den linken und rechten Romben Maria (links) und Johannes? oder Josef? (rechts).

Reisen nach Südfrankreich, wo er in der Provence die Romanik in ihren frühesten Ausdrucksformen kennenlernte, in ihren Herkömmlichkeiten aus dem antiken Themen- und Formenschatz, erweiterten seine formalen Bilderfindungen und bändigten sie  zugleich.

Das kam seinem Auftrag, die Fenster in der Koblenzer Kastorkirche zu gestalten, zugute. Hier konnte er die Erfahrungen der französischen Früh-romanik mit seinen eigenen Formerfindungen, die in ihren stärksten Aussagen damit konguiren, ausgereift zum Ausdruck bringen. Die Rundscheibe war es auch hier wiederum, die seine schönsten Möglichkeiten herausforderte. Die langsam erarbeiteten Möglichkeiten einer raumgebundenen objektiven Glasmalkunst im Dienst an einer neuen Aufgabe konnte er hier voll zur Geltung bringen.

In seinem Haus auf der Mathildenhöhe holte der Tod ihn am 06. Februar 1957 ein. Sein Grab auf dem Waldfriedhof über seinem bäuerlichen Heimatort Mudersbach  gibt durch den Grabstein mit dem auferstandenen Christus, den er seinerzeit selbst entworfen hatte und den auch hier sein Bildhauerfreund Erich Moog ausgeführt hat, ein letztes und überlebendes Zeichen von einem großen Künstler, der tief in der religiösen Tradition verhaftet war. 

  • Quellennachweis:
    Auszüge stammen aus dem Buch „35 Jahre Wiederaufbau der Pfarreien St. Kastor „von Karl-Heinz Erben.
    Die Bildbeschreibungen aus der Broschüre „Die neuen Chorfenster der Castorkirche in Koblenz“ von Dr. Helmut Domke, die Dechant Homscheid im Jahre 1953 in Auftrag gegeben hat.